Donnerstag, 11. Juni 2020

Das große Chardonnay Tasting (1/3)

Nachdem ich ja eigentlich ein großer Riesling Freund bin, packt mich in letzter Zeit auch immer mal wieder die Neugier auf Chardonnay. Auch der Besuch beim Salon des vignerons indepéndants in Straßburg hat natürlich etwas dazu beigetragen. Nun gut, dann wird es wohl Zeit mal zu schauen, wie sich die deutschen Chardonnays so schlagen. Immerhin waren in 2017/2018 nach Angaben des DWI schon ca. 2.100 ha der deutschen Rebflächen mit dieser Rebsorte bestockt. Hört sich vielleicht viel an, in relativer Hinsicht sind es jedoch nur ca. 2 % gewesen.

Zum testen habe ich mir einfach mal ein paar Weine besorgt von denen ich jeweils schonmal gelesen hatte. Soweit es ging habe ich versucht auch immer den gleichen Jahrgang, also primär den. Jahrgang 2017, zu wählen. Dies ist mir leider nicht immer gelungen. Und damit es nicht zu langweilig wird, habe ich auch nochmal ein paar ausgewählte Flaschen aus dem Ausland mit einbezogen. 

Außerdem wollte ich die Flaschen eigentlich auch alle auf einmal aufmachen und direkt vergleichen - das war aber dann wohl doch etwas zu ambitioniert, so dass ich die Tastings immer in mehreren Runden durchgeführt habe. Oftmals habe ich auch ganz bewusst die Überbleibsel nochmal ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahrt und erneut probiert. Allerdings ist mir das irgendwie nicht immer gelungen....


Dann starten wir doch einfach mal in Rheinhessen. Dort habe ich zum Thema Chardonnay schon häufiger mal den Namen des Weinguts Knewitz gehört. Auf rund 25 ha werden rund um Appenheim die verschiedenen Weine an- und ausgebaut. 

Eigentlich wollte ich dort mal persönlich vorbeischauen - hatte es aber leider dann doch nicht geschafft. Aber nun gut. Einfach mal die verschiedenen Variationen ausgesucht, eingepackt und gut gekühlt.

Insgesamt gibt es bei dem Weingut drei verschiedene Varianten, die ich in aufsteigender preislicher und qualitativer Reihenfolge nacheinander verkostet habe. 

Dabei ist zweimal der Jahrgang 2018 und einmal der Jahrgang 2017 vertreten. Während der Jahrgang 2018, geprägt durch einen Jahrhundertsommer, ein eher warmes Jahr war und nach Auskunft des Weinguts saftige, elegante und kraftvolle Weine hervorgebracht hat, begann der Jahrgang 2017 mit einem frostigen Januar und war insgesamt deutlich kühler, was zu feinen, aromatisch prägnanten und eleganten Weinen mit zupackender Säure und entsprechendem Alterungspotenzial geführt haben soll. 

Achja. Eigentlich unnötig zu erwähnen, aber natürlich durfte nach der eigentlichen Probe dann auch die Rückprobe nicht fehlen ;-)

Also: Los gehts!


Knewitz - Chardonnay (2018)

Knewitz - Chardonnay (2018)
Die Trauben für diesen Chardonnay entstammen den Kalkhängen des Welzbachtals und wurden im September 2018 gelesen.

Der Wein wurde traubeneigenen Hefen vergoren. Die Gärung erfolgte zu 30 % im Edelstahltank und zu 70 % in französischen Barriques, Tonneaux und in Holzfässern.

Für mich erscheint der Wein im Glas in einem hellen goldgelb. Vielleicht noch mit leicht grünlichen Reflexen. Er riecht eher steinig, ggf. leicht rauchig. Dazu kommt noch etwas florales bzw. Blüten (Holunder?). Das Holz kommt weder in der Nase noch am Gaumen markant heraus. 
Weiterhin finde ich die Textur sehr angenehm. Im Mund finde ich dann etwas zitrisches wieder. Gefühlt merkt man den wärmeren Jahrgang, da alles etwas mehr Richtung reifere Zitrus (eher gelb-orange) geht und nicht grün. Außerdem etwas fülliger. Frische, spritzige Säure. Mittlerer Nachhall.

Die Analysewerte liegen bei 5,0 g/l Restzucker und 7,1 g/l Säure.


Knewitz - Chardonnay Holzfass (2018)

Knewitz - Chardonnay Holzfass (2018)
Die Reben für diese Variante des Chardonnay wachsen im Gau-Algesheimer Goldberg und dem Nieder-Hilbersheimer Honigberg. Die Böden sind von Kalkstein geprägt. Auch hier erfolgte die Lese im September 2018. 

Dieser Wein wurde ebenfalls spontan vergoren. Im Unterschied zur Basisvariante lag dieser Wein komplett im Holz. Hierfür wurde ca. 30 % neues Holz aus heimischer Eiche (1.250 l Holzfass) verwendet. Die restlichen 70 % kamen in Barriques mit Zweit- und Drittbelegung.

Der Wein leuchtet in einem hellen goldgelb im Glas. Wie das Label verspricht, ist das Holz schon beim ersten Riechen direkt erkennbar. Die Schlieren am Glas deuten bereits Extrakt an. 

Ansonsten nehme ich einen frischen Zitrus-Duft wahr. Vermutlich ist der Duft auch steinig, tritt aber durch das Aroma des Holz aktuell etwas in den Hintergrund.

Der Wein besitzt eine wirklich schöne, cremige Textur. Die Säure würde ich durchaus als rassig bezeichnen. Und ja, er ist eindeutig trocken. Am Gaumen dann auch wieder die Zitrus-Frucht. Etwas nussiges ist auch dabei (Mandeln? Macadamia)? Außerdem finde noch Kräuternoten. Ich glaube, dass der Wein sollte einiges an Fülle besitzt, die rassige Säure lässt ihn vermutlich etwas schlanker wirken. Den Holzeinsatz finde ich sehr angenehm dosiert. Ist keinesfalls einer dieser buttrigen und vanilligen Chardonnays (darf ich diesen Vergleich aus einer komplett anderen Richtung hier überhaupt bringen?). Das Holz unterstützt schön und läuft mit, erschlägt aber nicht und ist auch nicht zu dominant. Mittlerer Nachhall. Tolles Preis- / Leistungsverhältnis.

Wäre spannend ihn zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zu probieren, da er sich durch die vorhandene Säure sicherlich noch entwickeln dürfte.

Die Analysewerte liegen bei 0,9 g/l Restzucker und 8,1 g/l Säure.


Knewitz - Chardonnay Réserve (2017)

Knewitz - Chardonnay Réserve (2017)
Lt. Angabe des Weingutes die kühlste Lage mit Kalkstein und Eisenerz im Boden. Die Reben sind mittelalt. 

Ebenfalls spontanvergoren. Der Ausbau erfolgt nach meinen Recherchen zu 50 % im neuen und zu 50 % im Holz mit Zweitbelegung. Es wird französische Eiche benutzt.

Ein etwas dunkleres goldgelb als die beiden Vorherigen. Er zeigt aber auch deutlich grünliche Reflexe. Dicke Schlieren am Glasrand. Sollte Extrakt haben. Vielleicht noch einen Tick mehr, als der Chardonnay Holzfass (2018), auf jeden Fall aber deutlich mehr als der Chardonnay (2018). 
Die große Überraschung war nun die Nase. Hatte ich nichtmal was von wegen "Kleiner Stinker" gehört? Das ist hier der Fall. Riecht irgendwie.... ja...wie beschreibe ich das. Reifer Handkäse? Vielleicht sind das auch die oftmals zitierten "Sponti-Noten". :-)


Am Gaumen aber zu diesem Zeitpunkt schon deutlich angenehmer. Eine rassige Säure kommt mir direkt entgegen. Der Wein wirkt dadurch direkt nach dem öffnen etwas kantig. Hierzu trägt auch die Salzigkeit des Weins bei. Am Gaumen sind zu diesem Zeitpunkt nussige Töne wahrnehmbar. Ausserdem deutlich Zitrone. Angenehme, schöne Textur. Der Wein wirkt durchaus komplex. Mittlerer bis langer Nachhall.



Bischel - Chardonnay Réserve (2017)


Bischel - Chardonnay Réserve (2017)
Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist das Weingut Mischel das jüngste Mitglied im VDP (Aufnahme erfolgte zum 1.1.2019). Grund genug also, um auch hier endlich mal etwas ins Glas zu füllen.

Die Trauben für diesen Wein kommen aus zwei verschiedenen Parzellen. Der Ausbau erfolgt in französischen Barriques und Tonneaus für 12 Monate. 

Im Glas erkenne ich ein helles Zitronengelb. In der Nase macht sich sofort eine leichte Holznote bemerkbar. 

Die Aromen in der Nase gehen in Richtung Apfel und Birne. Wenn ich so darüber nachdenke, dann handelt es sich womöglich aber eher um einen Bratapfel als einen normalen Apfel? Dazu kommt noch ein bisschen Wiesen-Aroma. Der Duft wirkt schön frisch.

im Mund zeigt er eine schöne Cremigkeit. Geschmacklich ist er eher etwas herb. Sofort kommt mir der Abrieb einer Limette in den Sinn. Dazu noch etwas Grapefruit. 
Insgesamt sticht eine Mineralität und Salzigkeit hervor. Die Säure ist schon knackig. Hintenraus kommt dann nochmal Power. 

Durch die knackige Säure und die mineralischen Noten kommt er vermutlich nicht so opulent sondern eher sehr straff daher. Der Nachhall ist mindestens mittel. 

Ich könnte mir vorstellen, dass der Wein noch nicht so in 100-prozentiger Balance ist. Ich spekuliere drauf, dass er sich mit etwas Zeit noch findet. 
Im Glas und in der Flasche hat ihm jedenfalls etwas Zeit schon eher gut getan.


So...und weiter gehts. Die Pfalz ruft....

PS: Lasst gerne auch mal einen Kommentar da. Vielleicht kennt ihr ja auch den einen oder anderen Tropfen.

1 Kommentar:

  1. Spannende Auswahl... Die Knewitz-Weine stehen auch noch auf meiner Todo-Liste��. Welcher Wein ist dein Favorit?

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