Donnerstag, 30. Juli 2020

Das große Chardonnay Tasting (2/3)


Das angekündigte große Chardonnay-Tasting geht nun in die zweite Runde. Nachdem ich mich im letzten Posting ein bisschen durch Rheinhessen getrunken.... äääh.... probiert habe, geht es nun nahtlos mit der Pfalz weiter.

So, und damit genug der einleitenden Worte. Es geht direkt los.







Friedrich Becker - Schweigen (2017)


Friedrich Becker - Schweigen (2017)
Dies ist der Chardonnay Ortswein aus dem Hause Friedrich Becker. Die Reben stehen in der Nähe von Schweigen und wachsen auf deutscher und elsässischer Seite auf Kalksteinverwitterungsböden mit lehmig-toniger Auflage. Das Alter der Reben beträgt zwischen 18 und 26 Jahren.

Geerntet und selektiert wird händisch. Die Trauben werden entrappt. Der Ausbau erfolgt im 228 Liter Fässchen aus französischer und pfälzischer Eiche. Der Neuholzanteil liegt bei ca. 40 %. Ausgiebiges Hefelager.

Im Glas zeigt sich ein etwas helleres gelb, ich würde sagen goldgelb.

Das Holz riecht man schon beim ersten schnuppern. Eine dezente Vanille-Note kommt mir entgegen. Es sind aber auch ein paar Früchte mit dabei. Mir kommt eine Birne und ein gelber Apfel (Golden Delicious) in den Sinn.


Am Gaumen zeigt sich ein schöner Schmelz. Das mag ich ja irgendwie immer ganz gerne. Die Mineralität ist eindeutig vorhanden, allerdings eher von leichter Natur. Der Wein ist saftig mit frischer Säure. Auch am Gaumen kommt ein leichter Touch von Vanille mit. Das Holz ist nicht dominant. Mittlerer Nachhall. Kann vermutlich auch gut noch ein wenig im Keller schlummern.

Nach 5 Tagen offen im Kühlschrank (2/3 bis 3/4 noch voll) habe ich ihn erneut probiert. 

Der Eindruck vom Holz ist zu großen Teilen verschwunden bzw. nicht mehr so dominant. Beim trinken hatte ich jedes Mal etwas herbes bzw. bitteres dabei. Hat mir frisch am meisten Spaß gemacht.


Technische Analysewerte:

8,1 g/l Säure.
2,2 g/l Restzucker.
13,0 % Alkohol.

Der Falstaff vergibt für diesen Wein 92 Punkte.


Aber nach dem "kleinen Bruder" wartet ja auch noch der "große Bruder", der in der Falstaff Chardonnay Trophy hervorragend abgeschnitten hatte:


Friedrich Becker - Mineral (2016)


Dies ist der preislich teuerste Chardonnay des Weinguts Friedrich Becker (zumindest soweit mir bekannt ist). Die Reben stehen eben ebenfalls bei Schweigen auf deutscher und elässsischer Seite, sind jedoch mit 27 bis 38 Jahren deutlich älter.

Es erfolgt ebenfalls eine händische Lese und Selektion sowie die Entrappung. Der Ausbau erfolgt hier in feinster französischer Eiche. Nach ausgiebigem Hefelager wurde der Wein im Juli 2018 in Flaschen gefüllt.

Der Wein erscheint im Glas ebenfalls in einem hellem gelb. Die Frucht ist sehr wenig vorhanden, ggf. kann ich noch etwas Apfel erschnuppern. Wie schon beim "kleinen Bruder", riecht der Holzeinsatz sehr fein und angenehm dezent heraus. Schön dosiert. Bemerkenswert finde ich, dass der Wein irgendwie eine Frische im Geruch mitbringt: Ist das schon die auf dem Label "angepriesene" Mineralität?

Der Wein ist am Gaumen ebenfalls schön schmelzig, vielleicht jedoch etwas weniger als beim Schweigen. Er besitzt eine ausgeprägte Mineralität, deutlich mehr als beim Vorgänger. Die Holznote kommt ganz fein und begleitend mit. Beim Schweigen ist diese etwas dominanter und mehr im Vordergrund. Auch am Gaumen ist fast keine Frucht wahrnehmbar. Wenn ich tippen müsste, dann geht es hier etwas in Richtung Zitrus. Dazu kommt noch ein wenig Wiese bzw. Wiesenkräuter. Die frische Säure ist hier betonter als beim Schweigen (bemerkenswert, da auf analytischer Basis tatsächlich weniger Säure - aber auch weniger Restzucker - vorhanden ist). Der Nachhall ist lange. Dieser Wein dürfte sich aufgrund des ausgeprägten Säuregerüstzs vermutlich noch gut ein wenig lagern lassen.

Ich finde, man sollte dem Wein ruhig etwas Luft geben. Deswegen habe ich ihn auch nochmal in das Zalto Burgund Glas zum testen gegeben. Daraus kommt er richtig gut. Er wirkt damit noch wesentlich präziser und akzentuierter. 

Technische Analysewerte:

Säure: 7,6 g/l.
Restzucker: 1,7 g/l.
Alkohol: 13,5 %.

Was sagen die Profis hierzu?
James Suckling vergibt 95 Punkte. 
In der Falstaff Chardonnay Trophy 2019 belegte dieser Wein zusammen mit dem Geisberg Chardonnay (2017) des Weingut Wageck den 1. Platz.


So, dann wechseln wir mal das Weingut und gehen zu:


Oliver Zeter - Chardonnay (2017)


Die Trauben für diesen Wein kommen aus zwei Lagen mit gänzlich unterschiedlichen Boden- und Klimaverhältnissen. Das Weingut macht hierzu folgende weitere Angaben:

"Eine Partie kommt aus einem 30 Jahre alten, nach Südost ausgerichteten Weinberg im Ungsteiner Osterberg. Hier stehen die Reben auf sandigem Löß mit Sand- steineinschlüssen. Die warme Lage, verbunden mit den sehr geringen Nie- derschlägen der Mittelhaardt, bringt sehr frühreife Trauben mit geradezu tropischem Fruchtspiel hervor.
Gegensätzlich dazu steht der zweite Weinberg in der Gemarkung Steingebiß in der Südpfalz auf reichem und extrem kalkhaltigem Tonboden.Trotz Hanglage und Südausrichtung ist der Weinberg eher spätreifend, was auf den kühlen Untergrund zurückzuführen ist." 

Die Trauben werden per Hand gelesen und spontanvergoren. Der Ertrag liegt bei 3.500 kg/ha (Ertragsreduzierung). Die Gärung und der Ausbau erfolgt im neuen und gebrauchten Barrique aus französischer Eiche. Der Wein bekommt ein langes Hefelager und wird in regelmäßigen Abständen aufgerührt (Ist das dann Bâtonnage?). Dies soll eine Cremigkeit (definitiv vorhanden) und Struktur bringen. 

Im Glas strahlt der Wein goldgelb. Er zeigt nicht wirklich Glanz, sondern wirkt leicht trüb. 

Meine Erste Assoziation in der Nase: Butter und Sahne. Die kommt vermutlich vom Holzeinsatz. Im ersten Anlauf kann ich keine Frucht erkennen.

Am Gaumen zunächst ein kleiner Schub bzw. Anklang von frischer Säure, dann wirkt sie aber insgesamt eher dezent. 

Der Wein hat ein sehr cremiges Mundgefühl. Er besitzt einen eher kürzeren Nachhall. Ich würde ihn als unkompliziert bezeichnen. So ein bisschen easy-going. Kann man vermutlich schön zur Essensbegleitung nutzen.

Technische Analysewerte:

Alkohol: 13,30 %.
Säure: 6,9 g/l.
Restzucker: 2,7 g/l.


So, auf gehts zum letzten Pfälzer Kandidaten. Dies war mal eine Empfehlung aus einer Weinhandlung. Und ja: Ich finde auch hier hat sich das Tasting definitiv gelohnt.

Bernhard Koch - Chardonnay Réserve 2017


im Glas ist der Wein goldgelb und zeigt grüne Reflexe. 

Beim schnuppern entdecke ich eine grüne Zitrusnot und einen Hauch Apfel. Das Holz in der Nase ist leicht vorhanden und schön dezent. Dadurch kommt natürlich auch noch etwas Vanille in die Nase. Aber halt: Ist dort vielleicht sogar noch etwas Ananas zu erschnuppern? Bei nusseigen Tönen tue ich mir beim reinriechen immer etwas schwer. Hier meine ich aber, dass da ganz eindeutig auch irgendwie etwas nussiges dabei ist. 

Am Gaumen tut die frische, belebende Säure gut. Der Wein hat einen wirklich Schönen Schmelz (also für mich damit schonmal einen Pluspunkt 😀). Er wirkt ausgewogen und schön balanciert. Den Nachhall würde ich mindestens mittel einschätzen. 

Irgendwie verlangt dieser Wein auch sofort nach einem zweiten Glas. Oder bin ich heute einfach nur besonders durstig? 

Nein, mir gefällt er wirklich gut. Er hat keine überbordende Komplexität sondern möchte wohl einfach nur gefallen. Der Schmelz ist toll. Die Mineralität ist nicht so ausgeprägt wie bei den beiden Weinen von Becker. Ich finde ihn recht harmonisch und ausgewogen. 

Hier ist es mir übrigens nicht gelungen etwas übrig zu behalten. Lag es vielleicht daran, dass ich den Großteil des Weins zum Essen genossen hatte (Pute mit frischer Bärlauchsoße, Bärlauchnudeln und Spargel aus dem Ofen)? Vielleicht war aber auch einfach der Trinkfluss zu groß...

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