Samstag, 29. Juni 2019

Drei Weingüter - eine Lage - ein Jahrgang - Rüdesheimer Berg Schlossberg - 2016

Lage Lage Lage - dies gilt nicht nur für die Beurteilung einer Immobilie sondern auch bei der Güte eines Weines als essentielles Kriterium. So setzt beispielsweise Frankreich immer sehr stark auf das „Terroir“. Doch kann man eine Lage schmecken? Sind die Weine von dort immer gleich oder setzt sich die Handschrift des Winzers doch eher durch? Zeit für einen spannenden Test. 












Ausgesucht habe ich mir für diesen Vergleich ganz bewusst eine der ganz bekannten großen Lagen des Rheingau. 

Der Rüdesheimer Berg Schlossberg

Rüdesheim - Berg Rottland
Der Rüdesheimer Berg Schlossberg hat seinen Namen von der auf dem Berg thronenden Schlossruine Burg Ehrenfels und gilt aufgrund der Neigung von ca. 70 Grad als die steilste Lage im Rheingau. Insgesamt beträgt die Fläche dieser Lage (je nach Quelle) wohl so ca. 21 - 29 ha. Neben dem Berg Schlossberg beherbergt der Rüdesheimer Berg noch die Lagen Berg Roseneck, Berg Rottland und Berg Kaisersteinfels. 

Auf dem Bild an der Seite sieht man zumindest einen Teil, quasi den Beginn, des Rüdesheimer Berges.

Die Reben auf dem Berg Schlossberg schauen genau in Richtung Rhein und sind der Sonne zugewandt. Schiefer und Taunusquarzit bilden die Bodenbeschaffenheit dieser Lage. Dadurch kann die Wärme auch in kühleren Nächten noch gut abgegeben werden. Die Weine dieser Lage sollen dadurch neben der mineralischen Säure auch noch eine schöne Frucht haben und eher in Richtung Feinheit und Eleganz tendieren. Schiefer-Böden können in der Regel weniger Wasser speichern, so dass ältere und tiefer wurzelnde Reben grundsätzlich im Vorteil sind. 

Im Allgemeinen sagt man, dass die Weine dieser Lage eher etwas später zugänglich werden und ihr volles Potenzial erst nach einer Reifezeit von ca. 4-5 Jahren entfalten. Darüber hinaus wird diesen Weinen eine gute Lagerungsfähigkeit unterstellt. Also perfekte Bedingungen für ein Großes Gewächs. 

Der Jahrgang 2016

Einige Infos über den Jahrgang 2016 hatte ich beim Blog Eintrag über den Gutswein Vergleich des Weinguts Robert Weil bereits geschrieben. 

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass nach dem warmen Vorgänger Jahr die Wasserreserven zunächst Nachschub gebrauchen könnten. Der Regen jedoch, grade im Juni, viel zu viel war (etwa 3x mehr als in sonstigen Jahren). Zuviel Feuchtigkeit zieht eine noch intensivere Pflege im Weinberg nach sich. 

Nach einem schönen Spätsommer begann die Reife dann in der normalen Zeitspanne. Insgesamt sollten fruchtige, ausgewogene und elegante Rieslinge zu erwarten sein. Auch vom Hören-Sagen (und auch aus eigenem probieren) wird 2016 immer als ein sehr gutes Riesling Jahr im Rheingau bezeichnet. 

Die Weine

Ausgesucht habe ich mir drei verschiedene Weingüter, die alle jeweils ein Großes Gewächs aus dem Berg Schlossberg im Sortiment haben, jedoch alle auch in unterschiedlichen Preisklassen unterwegs sind. Verkostet wurde zunächst direkt nach dem öffnen und dann nochmal nach gut 1,5 Stunden, wobei die Flasche allerdings im Kühlschrank zwischengelagert wurde. 

Bischöfliches Weingut Rüdesheim - Berg Schlossberg Katerloch 2016

Gestartet bin ich direkt mit dem preiswertesten in dieser Runde. Ab Hof kostet die Flasche ca. 18 EUR. 

Im Glas zeigt sich ein helles goldgelb. In der Nase dominiert Zitrus und etwas grüner Apfel. Am Gaumen schön saftig und mit Trinkfreude. Fruchtaromatik bleibt. Leichte Mineralität. Mit Luftkontakt kommt noch Kräuter hinzu. Angenehme frische Säure. Schöner stimmiger Wein, kann ggf. noch etwas mehr als er jetzt zeigt. Etwas Luft tut richtig gut! 

Nach vier Tagen Zwischenlagerung im Kühlschrank nochmal versucht. Seidiges Mundgefühl, leichter Schmelz. Er wirkt runder und weicher.
Zitrusfrucht, Apfel, ggf. noch leichte Grapefruit Note dabei.

Ich würde fast behaupten, dass er in diesem Stadium noch besser schmeckt.


Weingüter Wegeler - Berg Schlossberg 2016

Aromatischer Duft. Gelbes Steinobst, Quitte, Kräuter, mineralisch. Wirkt etwas gereifter (und auch deutlich reifer als die anderen beiden). Volumen vorhanden, füllig und kräftig. Bisschen Temperatur und Luft tut gut. Am Schluss etwas würzige Schärfe.

Der Wein hat 5,3 g/l Restzucker und 7,1 g/l Säure. 

Hatte den Wein Anfang des Jahres schonmal auf dem Kaminabend beim Weingut und ich hatte ihn da noch frischer und einen Tick besser in Erinnerung. Gekostet hat er übrigens ca. 26,50 EUR direkt ab Weingut. 

Ein paar Punkte von den Profis hatte der Wein auch bekommen; 93 Punkte Eichelmann 2018, 17,5 Punkte Jancis Robinson. 

Auch diesen Wein habe ich nach vier Tagen Lagerung im Kühlschrank nochmal probiert. 

Die Reifenote kommt noch etwas deutlicher heraus. Irgendwie etwas fülliger. Hat mir in diesem Stadium nicht so gut geschmeckt wie nach dem öffnen.

Weingut Künstler - Berg Schlossberg 2016

Zum Schluss der Teuerste im Bunde: 45 EUR ab Weingut für die Flasche mit 7,6 g/l Restzucker und 6,7 g/l Säure. 

Helles goldgelb, ggf. grünliche Reflexe drin. 

In der Nase zurückhaltend. Dezente Fruchtnote (gelber Apfel). Mineralisch im Duft. 

Wenig bis keine Frucht am Gaumen. Schöne Mineralität. Schön fokussiert. Frische angenehme Säure (genau richtig). Vermutlich tut etwas Luft gut. Wirkt als hätte er noch Entwicklungspotenzial und könnte noch mehr Spaß machen. Lt. Weingut entfalten sich die Weine nach etwa 4-5 Jahren. Auf jeden Fall aber auch jetzt schon wirklich schön. 

Noch ein paar Punkte gefällig? 
Na klar: James Suckling hat diesem feinen Tropfen 95 Punkte vergeben. 

Und auch nach vier Tagen im Kühlschrank erlebe ich ihn eigentlich gleich gut,. Lediglich ein Touch mehr Würze scheint dazu gekommen zu sein.

Fazit

Bei allen drei Weinen merkt man deutlich, dass die Wertigkeit des Weines von einem schlichten Gutsein abhebt. Beim Eintritt kommen einfach mehr Türen, durch die man dann hindurch schreiten kann um neue Sachen zu entdecken. Vielleicht sind die nicht immer schon alle offen, wie beispielsweise beim Wein des Weinguts Künstler. Dort könnte sich vielleicht noch die eine oder andere Facette öffnen.

Alle drei machen wirklich Spaß. Am vielfältigsten erscheint mir jedoch - leider - der teuerste im Bunde. Die Variante des Weinguts Künstler hatte eine schöne Mischung aus Mineralität, Frische, Komplexität und Anspruch. Während dieser Wein tendenziell eher gezielter und gefühlt feiner war, bringt die Variante des Weinguts Wegeler etwas mehr Fülle und Reife und auch volle reife Früchte mit. Preis-/Leistungsmäßig steht das Bischöfliche Weingut Rüdesheim wirklich gut dar. Hier könnte ich mir vorstellen, dass da ebenfalls noch ein bisschen was passiert, da die Luftzufuhr sehr gut getan hat.

Kann man nun den Rüdesheimer Berg Schlossberg wirklich heraus schmecken?

Es kommt drauf an.... dies ist ja prinzipiell immer eine gute Antwort 😀
Man merkt an allen drei Varianten die Mineralität eines Schieferbodens. Beim Weingut Künstler ist die Würze noch etwas mehr ausgeprägt als bei den anderen Varianten. 

Für mich war es die erste Begegnung mit dem Berg Schlossberg und auch mit Großen Gewächsen hatte ich noch nicht wirklich viele intensive Begegnungen. Daher würde ich sagen, dass man schon die Wertigkeit der Weine erahnen kann, auch wenn man bislang noch nicht wirklich viel Erfahrung hat. Auch wenn der Grundton von Mineralität überall mitschwingt, interpretiert jedes Weingut doch auch noch ein bisschen anders. Ob dies an den einzelnen Parzellen oder der Philosophie und der Kellerarbeit des Winzers liegt vermag ich nicht zu sagen. Aktuell würde ich jedoch nicht blind den Berg Schlossberg Wiedererkennen, sollte ich mal unvorbereitet einen Wein dieser Lage im Glas haben. 

Vielleicht brauche ich dazu einfach noch etwas mehr Übung? Das sollte machbar sein. In diesem Sinne: Zum Wohl!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts