Sonntag, 2. Juni 2019

Jahrgang 2016 und 2017 im Rheingau: Robert Weil Riesling Gutswein im Vergleich

Bei bestem Wetter Ende Mai / Anfang Juni 2019 wurde es mal wieder Zeit der vinophilen Neugier nachzugeben und einer für mich sehr spannenden Fragestellung nachzugehen -natürlich nach strengen wissenschaftlichen Grundsätzen nachmittags auf der Veranda.
Die Jahrgänge 2015 und 2015 waren zumindest nach meiner Erinnerung recht gut. Auch 2017, der zwar Ernteeinbußen brachte, aber qualitativ wohl auch gute Weißweine zu Tage förderte, sollte eigentlich ein "Guter" sein, war jedoch in meiner Wahrnehmung nie so wirklich im Fokus. Also ab in den Keller und mal ein kleines Duell arrangiert. 

Wie schlägt sich wohl der Robert Weil Riesling Gutswein 2016 im Vergleich mit dem Jahrgang 2017? Und gibt es überhaupt einen Unterschied? Wir bewegen uns hier ja schließlich im Basis-Bereich mit einer mengenmäßig sehr großen produzierten Anzahl an Flaschen (ich meine mal etwas von ca. 300.000 Flaschen gelesen zu haben?)?



Muss ich eigentlich zum Weingut Robert Weil noch ein paar Worte verlieren? Grundsätzlich denke ich, dass dieses Weingut nahezu jedem Weinfreund bekannt sein dürfte. Das Weingut ist einer der renommierten Erzeuger des Rheingaus und produziert auf ca. 90 Hektar (bislang) auch "nur" Riesling. Durch die besonderen Kiedricher Berglagen steht auch nahezu in jedem Jahr das komplette Sortiment vom trockenen Gutsriesling bis hin zum Eiswein zur Verfügung. Ein bisschen was über die Geschichte des Weinguts hatte ich auch bei meinem Bericht über die Herbstpräsentation 2018 verfasst.

Bevor es ans probieren geht natürlich erstmal ein kleiner Blick zurück in die Jahrgänge:

Jahrgang 2016
Das Jahr 2016 begann mit einem milden Winter, wohl auch der zweitwärmste seit den Wetteraufzeichnungen im Rheingau. Während das Jahr 2015 insgesamt eher recht trocken war, fiel im Jahr 2016 bis in den Sommer hinein relativ viel Regen. Austrieb und Blüte der Reben entwickelte sich eher normal. Problematisch war jedoch, bedingt durch die viele Feuchtigkeit, der Pilz Befallsdruck der Pflanzen, die somit umfassender Pflege bedurften. Ab Juli optimierten sich jedoch zunehmend die Wetterbedingungen und brachten Sonne, einen goldenen Herbst und den bislang wärmsten September. Wurde dieser eigentlich im Jahr 2018 nochmal getoppt? 
Es konnte schlussendlich gesundes Traubengut mit einer hervorragenden Reife geerntet werden. In Bezug auf die Menge lag die Ernte im normalen Bereich.




Jahrgang 2017
Den Jahrgang 2017 betrachtet das Weingut als Jahr mit großen Herausforderungen:"Die Natur hat es gegeben, die Natur hat es genommen."
Im Gegensatz zum Vorgänger startete das Jahr 2017 mit großer Kälte von teilweise minus 10 Grad Celsius. Ab Februar wurde es jedoch deutlich wärmer, so dass die Austrieb und die Blüte etwa zwei Wochen früher als gewöhnlich begannen. Ende April gab es dann nochmal Spätfröste, was die Reben vieler Winzer im Rheingau stark in Mitleidenschaft gezogen hatte (und damit zu Ertragseinbußen führte). Aufgrund der Besonderheiten der Kiedricher Berglagen konnte die kalte Luft dort jedoch besser abfließen und somit nicht zu großen Schaden anrichten. Die zweite Hiobsbotschaft ereignete sich in der Nacht vom 31. Juli 2017 auf den 1. August 2017, als ein starkes Unwetter mit Hagel und Sturmböen wütete. Auch hier kamen die Kiedricher Berglagen erneut glimpflich davon. Nachdem der Austrieb bereits früher begann, wurde auch die Reife der Beeren etwa zwei Wochen früher erreicht. Ab Ende September begann eine schnelle Ernte. Und auch die Trauben der Spitzenlagen waren bereits Mitte Oktober erntereif. Hohe Öchslegrade und eine feine, reife Säure kennzeichnen das Jahr 2017. Bedingt durch die Wetterkapriolen wurde etwa 15 % Erntemenge verzeichnet.

Der Gutswein Robert Weil Riesling trocken
Beim Gutswein des Weinguts Robert Weil handelt es sich um die Basisqualität der VDP Pyramide. Dieser Wein wird, wie alle Weine des Weinguts, spontan vergoren. Die Trauben hierzu stammen aus den gutseidenen Nachbarschaften der klassifizierten Berglagen.
Diese Berglagen weisen mittel- bis tiefgründige Böden aus Phylliten mit Lösslehmbeimengungen und eine Südwesthanglage auf. 
Wie fast immer bei Gutsweinen soll dieser ein unkompliziertes Trinkvergnügen ermöglichen und sowohl als Essensbegleiter als auch als Solist geniessen zu sein. Trotz aller Leichtigkeit besteht jedoch auch bereits an diesen Wein ein gewisser Anspruch. Die Weine haben ab Hof so ca. 13,50 EUR pro Flasche gekostet.

Die Probe
Endlich war es dann auch mal Zeit für die Probe. Nachdem ich den Schraubverschluss der beiden Flaschen geöffnet hatte, konnte ich mir auch jeweils ein Glas von jedem Jahrgang einschenken und beide Varianten zunächst einmal betrachten.

Auge
Bei beiden Jahrgängen würde ich die Farbe prinzipiell als ein helles goldgelb bezeichnen. Größere Abweichungen sehe ich dort aktuell nicht.

Nase
Zuerst rieche ich in den Jahrgang 2016 und erkenne überwiegend das rieslingtypische Apfel-Aroma. Etwas Zitrus kommt noch mit. 
Der Jahrgang 2017 wirkt etwas zurückhaltender und nicht ganz so aromatisch. Die Frucht ist eher verhalten. ich erkenne grünen Apfel.
Im Vergleich der beiden Jahrgänge wirkt 2016 etwas intensiver und zugänglicher, irgendwie fruchtiger.

Mund
Endlich darf ich auch mal einen Schluck verkosten. Der Jahrgang 2016 besitzt eine frische Säure, hat aber irgendwie nicht die Power aus 2017. Geschmacklich kommt jetzt eher ein reifer bzw. gelber Apfel herum, während mich der Geruch eher an einen grünen Apfel erinnerte. Damit also schon etwas gereifter und nicht mehr ganz so "jung und wild". Insgesamt eine reife und runde Sache. Leicht zugänglich und trotzdem schon etwas Anspruch.

Der Jahrgang 2017 hingegen bringt eher noch einen grünen Apfel mit und ggf. auch einen leichten Touch an Mineralität. Auch wenn die Säure gar nicht im Vordergrund steht wirkt er etwas frischer als der Jahrgang 2016. Die Beschreibung des Jahrgangs, frischere Säure, scheint sich also tatsächlich im Glas wiederzuspiegeln. Irgendwie bemerkenswert.
Hintenraus kommt beim Jahrgang 2017 noch etwas leichtherbes mit, das war bei dem Jahrgang 2017 so gar nicht vorhanden. Insgesamt auch etwas mehr Kraft und Volumen als 2016. Beide bleiben geschmacklich etwa gleich lange.

Fazit
Ich muss sagen, dass ich tatsächlich jetzt schon etwas überrascht bin vom Ergebnis und habe für mich auch mehrere Erkenntnisse mitgenommen. Die Jahrgangsbeschreibung 2017 in Bezug auf die Säure scheint tatsächlich zu passen. Oder aber es liegt an dem einen Jahr mehr an Reife, die der Jahrgang 2016 hatte.

Robert Weil Riesling trocken 2017
Auch hatte ich geglaubt, dass ich eigentlich den Jahrgang 2016 vorziehen würde. Bemerkenswert dabei ist, dass ich vor etwa 9 Monaten bei der Herbstpräsentation immer noch den Jahrgang 2016 als den besseren, empfand, da der 2017er irgendwie verhaltener wirkte. Ein Gast meinte, dass 2017 wirklich gut sei und ich in einem halben Jahr einen tollen Wein auf dem Tisch hätte. Und was soll ich sagen: Er hatte recht behalten! Somit konnte ich jetzt auch mal selber erfahren und mich ein wenig rantasten, wie sich ein Wein mit ein bisschen Zeit noch verändern kann. 
Bei vielen Gelegenheiten habe ich immer diesem Jahr den Vorzug ggü. 2017 gegeben, was offenbar nicht unbedingt hätte sein müssen. Der Jahrgang 2016 bringt etwas mehr (reife) Frucht, aber mir gefällt die Spritzigkeit des Jahrgangs 2017 sehr gut und er sagt mir im Moment tatsächlich eher zu. 

Ein spannender Start in den Sonntag geht zu Ende. Wieder ein bisschen was gelernt und erfahren. Eigentlich müsste man genau solch einen Vergleich in einem Jahr nochmal wiederholen - wäre ja sicher spannend zu sehen, wie sich die beiden bis dahin noch entwickeln und was mein persönlicher Geschmack dann sagt. Aber bis dahin gibts erst jetzt nochmal ein Glas der beiden. So ganz ohne Analyse - einfach nur zum Genuss 😉




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