Sonntag, 9. September 2018

Herbstpräsentation beim Weingut Robert Weil - Sonnenschein und guter Wein

Ein Besuch direkt beim Winzer ist doch immer wieder schön. Direkt vor Ort die Weine verkosten, mit professionellem Rat beim Einkauf und bei der Probe versorgt werden und natürlich: Einfach mal direkt dort sein, wo der gute Tropfen herkommt.

Grade der Rheingau hat sich für mich schon mehrfach angeboten, da dieser doch relativ gut und schnell erreichbar ist (zumindest von mir aus ;-). Ein weiterer Vorteil ist das überschaubare Anbaugebiet. Was jedoch nicht heißen soll, dass es dort nicht einige Perlen zu entdecken gibt.

Eins der bekanntesten Weingüter, nicht nur aus dem Rheingau sondern deutschlandweit, ist das Weingut Robert Weil aus Kiedrich.
Da ist die anstehende Herbstpräsentation doch die Gelegenheit mal persönlich dort vorbei zu schauen, sich einen Eindruck zu verschaffen und natürlich - klar, die guten Tropfen mal zu probieren.



Das Weingut Robert Weil weist eine lange Tradition auf. Der Gründer, Dr. Robert Weil, kaufte bereits während seiner Zeit als Deutsch Professor an der Pariser Sorbonne im Jahr 1867 die ersten Weinberge in Kiedrich. Nachdem sich Robert Weil im Jahr 1875 endgültig in Kiedrich niedergelassen hatte, erweiterte er seine Weinparzellen und beschritt schon früh den Weg über die Landesgrenzen hinaus. Zu dieser Zeit galt der deutsche Riesling als Gegenpart zum edlen und teuren Wein aus Bordeaux (ja, es gab tatsächlich eine Zeit, wo für deutschen Riesling teilweise deutlich mehr gezahlt wurde als für einen Bordeaux.).
Seit 1987 ist der Urenkel des Gründers, Wilhelm Weil, mit der Führung des erfolgreichen Weinguts betraut. Etwa 90 Hektar werden bewirtschaftet und ausschließlich Riesling angebaut.

Nach dem kurzen Abriss über die Historie schnell zurück in die Gegenwart.
Kurz nach dem offiziellen Start um 12:00 Uhr traf ich dann auch am Weingut ein, wo sich schon zahlreiche Gäste bei strahlendem Sonnenschein eingefunden hatten.
Nach einer netten Begrüßung durch Frau Weil ging es für mich zielstrebigbin die Vinothek, wo sich alle guten Tropfen vom Gutswein bis hin zur Auslese versammelt hatten - und wahrscheinlich auch nur auf mich gewartet hatten.

Ziel für den heutigen Tag: Probe aller vorhandenen Weine des aktuellen Jahrgangs und Herauskitzeln der ganzen Unterschiede. Spannend war grade für mich als Einsteiger die Frage nach den Unterschieden zwischen der Basis (Gutswein) und dem Großen Gewächs. Wie bedeutend werden die Unterschiede wohl sein? Und vor allem: Rechtfertigt sich aus meiner Sicht auch die Preisdifferenz dazwischen?

Also los geht es. Natürlich direkt zum Einstieg mal den Gutswein ins Glas fließen lassen:

Robert Weil - Rheingau Riesling trocken (2017)

Der Gutswein wurde dieses Jahr in der Fachpresse, insbesondere vom Weinhändler Lobenberg, sehr gelobt. Und auch für mich ist dieser Start schon wirklich gut.
Das erstaunliche bei dieser Probe: Auch wenn auf dem Etikett der günstigeren 1 Liter Flasche und der 0,75 Liter Flasche immer ein Rheingau Riesling Trocken ausgewiesen wird, existiert doch ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Varianten.
Mir persönlich gefällt die Variante in der 0,75 Liter Flasche deutlich besser. Schöner reifer Apfel, Frische und gefühlt gar nicht so trocken, sondern eher sehr charmant. Auf jeden Fall eine gute Wahl für den Einstieg.
Auch wenn ein Gutswein prinzipiell dafür vorgesehen ist auch direkt konsumiert zu werden, scheinen diese Weine ebenfalls eine beachtsame Lagerbarkeit aufzuweisen. Wie ich später bei der Kellerführung noch erfahren sollte, wurde kürzlich auf dem Weingut eine vertikale Probe mit 25 Jahrgängen Gutswein durchgeführt. Alle diese Weine waren nach Auskunft des Kellermeisters noch gut trinkbar und hatten einen eigenen Charme entwickelt.
Vielleicht sollte ich das auch einfach mal testen und ein paar Flaschen zu Hause im Keller "vergessen". Zumindest im Plausch mit anderen Gästen, war noch jemand anderes der Meinung, dass dieser Gutswein in ca. einem halben Jahr noch deutlich besser sein sollte.

Natürlich ist auch die Variante

Robert Weil - Rheingau Riesling halbtrocken (2017)

ein toller Genug. Irgendwie gefällt mir die Variante fast noch ein bisschen besser. Vielleicht, weil sie jetzt einfach schon zu größeren Schlücken verleitet.

Langsam ging es dann über den Kiedricher Ortswein bis hin zu den Ersten Lagen und dem Großen Gewächs aus dem Kindlicher Gräfenberg.

Dabei ist der

Robert Weil - Kiedrich Klosterberg (2017)

die etwas fruchtigere Variante aus den Ersten Lagen, während der

Robert Weil - Kiedrich Turmberg (2017)

die präzisere und mineralische Variante darstellt. Kein Wunder, besteht der Boden hier insbesondere
aus Schiefer.

Die Besonderheit dieser ca. 3,8 Hektar großen Lage ist, dass sie zum einen im Monopolbesitz des Weinguts Robert Weil ist und zum anderen erst seit 2005 wieder als Einzellage eingesetzt wurde. Davor wurde sie (seit dem Weingesetz von 1971) als zugehörig zum Kiedricher Wasseros geführt.
Kühl, Präzise und mineralisch sind die unverkennbaren Markenzeichen dieser Lage, die insbesondere in 2017 für mein Empfinden schon sehr nahe am Großen Gewächs, dem


Robert Weil - Kiedrich Gräfenberg (2017)


liegen.

Der Gräfenberg wurde bereits im 12. Jahrhundert erstmals als besondere Lage erwähnt, damals noch als "mons rhingravii". Das Weingut Robert Weil besitzt etwa 90 % der Parzellen dieser Lage. Die hieraus erzeugten Weine blicken auf eine lange Tradition zurück. So wurde 1999 auf einer Christies Raritätenversteigerung für eine 1921er Kiedricher Berg Auslese Wachstum Dr. Weil der Zuschlag erst bei einem Gebot von 20.000 DM vergeben. Dies war der weltweit höchste erzielte Flaschenpreis für eine Flasche Weißwein im 20. Jahrhundert.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass es dem Weingut Robert Weil gelungen ist seit 1989 in ununterbrochener Reihenfolge jedes Jahr alle Qualitätsstufen bis hin zur Trockenbeerenauslese zu erzeugen.

Das besondere bei einem Großen Gewächs ist, dass diese so erzeugt wurden, dass ihnen ein paar Jahre Lagerung im Keller noch gut tun und den Wein positiv beeinflussen. Also nicht unbedingt gleich trinken, sonst verpasst man womöglich noch ein paar Highlights.

Nichtsdestotrotz merkt man auch als Anfänger beim probieren schon, dass dieser Wein eine besondere Güte aufweist. Deutlich mehr Komplexität und Fülle, als z. B. der Gutswein. Apfelnote, leichte Pfirsichnoten und einen gewissen Anklang von Cremigkeit. Langanhaltender Geschmack, Ich bin wirklich gespannt, was hier noch passieren wird.

Nach soviel probieren wird es wohl Zeit für eine erste Pause. Schön ist, dass immer mal wieder jemand mit ein paar Leckereien vorbeikommt. Und die waren auch noch sehr lecker.
Trotzdem darf ich das nächste Highlight nicht verpassen. Die Kellerführung mit Kellermeister Christian Engel.

Nach einem kurzen Rundgang um die moderne Vinothek und dem geniessen des imposanten Ausblicks hoch auf den Gräfenberg geht es mit ein paar Erklärungen auch schon runter in den modern anmutenden Keller.

Noch ruhte dort alles. Ab Montag (10. September 2018) sollte jedoch die Lese so langsam starten. Dem warmen Sommer geschuldet etwas früher als in anderen Jahren. Trotz des warmen Wetters wird aber noch eine ausreichende Säure erwartet. Dies war im Jahrhundertsommer 2003 leider nicht der Fall.
Natürlich wird nicht alles auf einmal gelesen. Grade für die Großen Gewächse und die besonderen
Weine wie z. B. die edelsüßen Varianten erfolgen mehrere Lesedurchgänge, die im Keller getrennt ausgebaut werden und erst danach miteinander "vermählt" werden. Also quasi ein Cuvee bzw. eine Assemblage.
Und was passiert eigentlich mit den Bestandteilen, die nicht mehr für das Große Gewächs benötigt werden? Das ist der eigentliche Geheimtipp an der ganzen Sache: Alles was nicht mehr für die guten Lagenweine benötigt wird, wird abgewertet und landet im Kiedricher Ortswein. Damit bekommt man sorgfältig verarbeiteten Grundstoff, allerdings immer in anderen Zusammensetzungen. Ein Verfahren, dass bei allen Weingütern so gebräuchlich ist.

Achja: Für die bedeutenden Lagen erfolgt immer noch die Lese per Hand.

Wenn es sein muss kann es jedoch auch schnell gehen. Etwa 60.000 Liter kann das Weingut pro Tag maximal verarbeiten. Bei durchschnittlich 500.000 Liter wäre die Verarbeitung dann in überschaubarer Zeit vorbei. Produziert werden durchschnittlich übrigens ca. 680.000 Flaschen, worunter ca. 300.000 Flaschen des beliebten Gutswein sind.

Nach einem Rundgang durch den modernen Keller und auch den alten Teil des Kellergewölbes, durften auch noch ein Blick auf die Schatzkammer geworfen werden. Dort lagert Geschichte! Nahezu aus jedem Jahrgang wird etwas zurück gelegt um auch für die kommenden Generationen ein Stück Weingeschichte zu erhalten. Eigentlich unbezahlbar.

Ein sehr interessanter und kurzweiliger Rundgang neigt sich dem Ende zu. Aber noch nicht die Weinprobe. Schließlich habe ich mir die süßeren Varianten noch aufgehoben.









Gestartet bin ich mit den Kabinett Variationen, wobei mir der

Robert Weil - Rheingau Riesling Kabinett Fruchtsüß (2017)

in sehr guter Erinnerung geblieben ist. 40,9 Gramm Restzucker aber total gut ausbalanciert. Sicher merkt man die Süße, aber dieser Wein ist wirklich seehehr gefällig. Schöne reife, saftige Früchte.

Auch die Spätlesen haben einen guten Eindruck hinterlassen. Auch hier sticht für mich wieder die Variante aus dem Turmberg heraus:

Robert Weil - Kiedrich Turmberg Riesling Spätlese (2017)

Bei 70 Gramm Restzucker müsste man ja eigentlich einen Zuckerschock bekommen. Aber die kühlen und mineralischen Elemente des Turmberg und die gut ausbalancierte Säure machen das ganze eher zu einem Trinkvergnügen. Preislich gesehen nochmal ein deutlich Aufschlag zum Kabinett. Aber Trinkspaß ist definitiv vorhanden.

So langsam ging es dann auch zum Finale (und später natürlich noch zu einer kleinen Rückprobe 😉). Es wartet eine Riesling Auslese aus dem Turmberg und aus dem Gräfenberg. Spannend, spannend, spannend. Aber, dass von diesen Varianten immer kleine Flaschen angeboten werden hat seinen Sinn. Ein Gläschen hiervon mit der richtigen Begleitung: Sehr schön. Aber meistens reicht dies dann auch.

Es wird Zeit sich vom Zuckerniveau so langsam wieder herunter zu arbeiten. Und alle die bis jetzt ausgehalten haben den Blog bis hierhin zu lesen bekommen einen echten Geheimtipp, den mit eine Mitarbeiterin verraten hat:
Schonmal versucht einen Schuss von der Auslese (oder auch Spätlese) in ein Glas Sekt zu geben? Ein Hugo ist ja eigentlich auch nur Sirup in Prosecco. Von daher: Einfach mal machen - es lohnt sich.

Puh - Geschafft. Das Finale erreicht und die Ziellinie überquert. Bei strahlendem Sonnenschein konnte ich einen sehr interessanten und erlebnisreichen Tag in einer tollen Location verbringen. Viele Weine kennenlernen und ja - es gibt definitiv Unterschiede zwischen den einzelnen Stufen. Auch als Anfänger kann man deutlich herausschmecken, dass die Komplexität steigt und man erahnt, dass die Herstellung der Lagenweine doch ein wenig mehr Arbeit bereitet. Apropos Arbeit: Dies ist alles noch wunderbares Handwerk!
Spannend wäre es jetzt tatsächlich mal zu erleben wie sich die Lagenweine denn dann auch mit der Flaschenreife noch entwickeln. Dazu fehlt wahrscheinlich noch ein wenig die Erfahrung. Aber der erste Eindruck lässt da spannendes erwarten.

Oder vielleicht doch mal den Gutswein nicht gleich alle trinken und ein bisschen was aufheben? Hmm.. mal schauen, was ich mit meinen Einkäufen noch so anfangen kann.....




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