Montag, 10. April 2023

Der Große und der Kleine: Weingut Künstler - Hochheimer Hölle 2019


Das Team um Gunter Künstler ist in der Spitze der deutschen Winzer seit Jahren fest etabliert und wird vom Weinführer Eichelmann geadelt. Auch Stuart Pigott als Verkoster für James Suckling war von vielen Weinen des Jahrgangs 2019 sehr angetan und ließ sich bei der Punktevergabe nicht lumpen.

Grund genug sich mal näher mit einer der Paradelagen des Weinguts, der Hölle in Hochheim, etwas näher zu beschäftigen. 





Das Weingut

Besonders toll finde ich, dass man auf der Homepage des Weinguts Künstler auch eine ausführliche Beschreibung der Lagen findet. Wer also noch mehr Details haben möchte, findet diese direkt unter diesem Link, der zur Beschreibung der Hochheimer Hölle führt.


Künstler - Hochheimer Hölle "Im Neuenberg" (2019)


Der Ausbau dieses Weins erfolgte zum Teil im Edelstahl und zum Teil im großen Holzfass. 

Im Glas wirkt er etwas heller. Ich würde ihn als strohgelb mit grünlichen Einschlägen beschreiben. Am Boden des Glases haben sich ein paar Kohlensäurebläschen abgesetzt.

Beim ersten reinriechen kommt für mich das Apfel Aroma sehr deutlich raus. Es könnte sich um eine Mischung aus grünem, aber auch gelbem Apfel handeln. Beim weiteren schnuppern erinnert es mich der Wein auch noch ein wenig an eine Wiese, vielleicht auch ein paar Blüten.

Am Gaumen merkt man direkt, dass der Wein Power und Substanz besitzt. Eine ordentliche Portion rassiger aber sehr angenehmer und nicht übermäßig hoher Säure begleitet den ersten Schluck... und macht gleich Lust auf einen nächsten. Neben dem markanten Aroma nach Apfel kommt für mich auch noch etwas an Limette dazu. Mit etwas Zeit im Glas entfaltet er bereits etwas mehr seiner angedeuteten Kraft vom ersten Schluck. Der Nachhall ist mittel(+). 

Man hört es ja immer oft, dass viele Weine viel zu jung getrunken werden. Und auch hier würde ich sagen, dass es dem Wein nicht schaden sollte, wenn er noch ein bisschen in der Flasche reift. Dies ist aber nur eine Mutmaßung, da mir hier doch noch ein wenig die Vergleiche fehlen. Das Weingut Künstler gibt die Lagerfähigkeit mit 8 bis 12 Jahren an. 

Am dritten Tag nochmal neu verkostet. Aufbewahrt wurde die angebrochene Flasche im Kühlschrank. Ein leichtes Zischen beim öffnen der Flasche (Kohlensäure?) ist hörbar.

Die Nase ist weiterhin von den genannten Früchten geprägt. Irgendwie muss ich beim ersten schnuppern aber auch an die weiße Ananas von Haribo Tropi-Frutti (Nein, keine Werbung) denken. Dies legt sich aber im Zeitverlauf. 

Am Gaumen schön frisch. Er wirkt etwas runder. Nach wie vor gut trinkbar.


Auch am siebten Tag zischt es beim öffnen nochmal leicht (Und ja, ich musste mich wirklich sehr zurückhalten, dass der Rest der Flasche so lange überlebt :-)). Die fruchtigen Noten in der Nase sind gefühlt etwas zurückhaltender. Der grüne/gelbe Apfel ist noch erkennbar. Am Gaumen nach wie vor eine frische Säure. Geschmacklich sind die fruchtigen Noten wesentlich zarter und zurückhaltender als ich sie an den anderen Tagen wahrgenommen habe. Eine leichte bittere Note begleitet den Wein beim Abgang.


Die analytischen Werte werden wie folgt angegeben:

  • Restzucker: 4,4 g /l.
  • Säure: 6,9 g/l

Achja: Der Weinführer Eichelmann vergibt für diesen Wein 88 Punkte. James Suckling (Verkoster: Stuart Pigott) vergibt 94 Punkte. 


Künstler - Hochheimer Hölle Großes Gewächs (2019)

Beim Ausbau dieses Weins wurde auf Edelstahl verzichtet, er erfolgte ausschließlich im großen
Holzfass. 

Dieser Wein zeigt im Glas eine deutlich dunklere Farbe. Ich würde ihn bereits als goldgelb beschreiben. Die grünen Reflexe sind hier nicht ganz so stark ausgeprägt. Es sind keine Kohlensäurebläschen im Glas erkennbar. 

Die Nase ist irgendwie total interessant. Er wirkt direkt kraftvoller und satter als der vorherige Wein. Wenngleich auch hier das Apfel Aroma deutlich zum Vorschein kommt, ist die Aromatik nicht ganz so intensiv ausgeprägt, wie beim ersten Wein. Auch ist hier eher etwas Zitrone statt Limette mit im Duft dabei. Der Geruch des Weins (und auch die Farbe) wirkt eher gelb und weniger grün. Eigentlich sehr spannend, dass man Geschmack nach Farben beschreibt. Aber mir gibt das tatsächlich mittlerweile eine Orientierung. Daneben finde ich hier auch die beim ersten Wein bereits angedeutete florale Aromatik (Sommerblüten) etwas stärker wieder.

Am Gaumen ist er sofort kraftvoll und und spannungsgeladen und schiebt den ersten Schluck (ich würde jetzt sagen mit einem leichten Donnerhall) hinunter. Damit ist er nicht so verspielt, zart und feingliederig sondern eher schon eine maskuline Variante. Stark. Vom Geschmack her ist die wahrgenommene Frucht aber gar nicht so süßkund saftig, sondern eher etwas (angenehm) herber ausgeprägt. Vielleicht so wie eine sehr reife Grapefruit. Der Nachhall verbleibt lange am Gaumen.

Die analytischen Werte werden wie folgt angegeben:

  • Restzucker: 5,5 g /l.
  • Säure: 6,3 g/l


Am dritten Tag nochmal neu verkostet. Aufbewahrt wurde die angebrochene Flasche im Kühlschrank. Auch bei dieser Flasche ist ein leichtes Zischen beim Öffnen (Kohlensäure?) hörbar. Auch hier beim ersten Schnuppern wieder dieser Geruch der oben bereits geschilderten weißen Ananas. Am Gaumen frisch und kraftvoll. Er wirkt ausgewogen und ich denke, dass er noch immer voll da ist. Evtl. ist der Nachhall etwas kürzer.


Noch mehr gespannt bin ich auf die Entwicklung dieses Weins am siebten Tag. Beim öffnen ertönt ebenfalls ein leichtes Zischen. In der Nase erkenne ich auf Anhieb keine Frucht. Er wirkt karger und steiniger mit etwas Wiese. Den floralen Touch hat er irgendwie beibehalten. Die auffällige Kraft der ersten Tage ist noch da, drückt sich aber nicht mehr so sehr in den Vordergrund. Eher ein sanfter und kräftiger Riese jetzt. Insgesamt wirkt er wie am dritten Tag rund und ausgewogen. Eine herbe Note meine ich auch bei diesem Wein etwas stärker wahrzunehmen als in den Tagen zuvor.


Der Weinführer Eichelmann vergibt für diesen Wein 92 Punkte. James Suckling (Verkoster: Stuart Pigott) war durchaus angetan und beschreibt diesen Wein als eine gelungene Mischung aus der südlichen Wärme und der nördlichen Coolness. Er hat diesem Wein 98 Punkte zugeschrieben. 


Fazit


Mir hat der Vergleich der beiden Weine richtig viel Freude bereitet. Der erste Wein, die Erste Lage, macht einem schon Lust auf das, was da noch möglich ist und bietet schonmal einen guten Eindruck davon. Er bringt genug Trinkanimation mit, dass man das Glas leeren möchte und bleibt trotz seiner Kraft angenehm leicht und zugänglich. Gleichzeitig hat er vermutlich seine besten Jahre noch vor sich.

Das Große Gewächs hebt sich, erfreulicherweise, nochmal deutlich davon ab. Dieser Wein ist definitiv eine Weiterentwicklung und bringt nochmals mehr Kraft, Ausdruck und Substanz ins Glas. Die Hölle in Hochheim zeichnet sich nach den Angaben des Weinguts Künstler durch kraftstrotzende und monumentale Weine aus. Und genau das nehme ich nach dieser Verkostung für bare Münze. Ich glaube, dass hier noch einige Überraschungen warten und habe mir gedanklich eine Wiederholung dieses Tasting in einigen Jahren notiert.


Und jetzt werde ich endlich die spärlichen Reste genießen :-)


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